Dass derzeit erst in Betrieben ab 200 Beschäftigte Anspruch auf ein voll freigestelltes Betriebsratsmitglied besteht, wird schon lange kritisiert. Mehrere Betriebsräte beklagen diesen Zustand, die Regelung sein nicht mehr zeitgemäß, das Arbeitspensum auch in kleineren Betrieben enorm, die Themen und Herausforderungen „komplex und aufwändig“ und verlangten vor allem von den „nicht-juristisch vorgebildeten Betriebsratsmitgliedern“ viel Zeit, um sich einzuarbeiten.
Ein Herabsenken des Schwellenwerts auf 100 Beschäftigte halten fast alle für angemessener, nur vereinzelt kommt die Forderung, dass die Grenze noch weiter herabgesenkt werden sollte. Ein Kollege wünscht sich eine zweite Voll-Freistellung bereits ab 300 Beschäftigten. Ein weiterer Vorschlag zielt auf eine „anteilige Freistellung, mind. 20 % oder 1 Tag/Woche für jedes BR-Mitglied“ ab. Zudem solle auch im Falle nicht freigestellter Mitglieder die Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG auf die Zeit nach Betriebsratssitzungen ausgedehnt werden.
Der Reformvorschlag trägt den Wünschen weitgehend Rechnung. Er sieht die Herabsenkung des Schwellenwerts für Freistellungen auf 100 Beschäftigte vor. Durch einen neu eingefügten Abs. 1a des § 38 BetrVG soll zudem in Betrieben mit in der Regel weniger als 100 Arbeitnehmer*innen ein Anspruch auf Teilfreistellung in erforderlichem Umfang gewährt werden. Damit soll dem in kleineren Betrieben alltäglichen Problem entgegengewirkt werden, dass die Arbeit des Betriebsrats vom Arbeitgeber nicht akzeptiert wird und er keinen Personalausgleich vornimmt.
Zudem soll nach dem neuen Gesetzesvorschlag auch bei Freistellungen auf darauf geachtet werden, dass das Minderheitengeschlecht entsprechend berücksichtigt wird (§ 15 Abs. 2 des Reformvorschlags).
Die Berücksichtigung des “Minderheitengeschlechts” ist für mich nicht gleichwichtig mit der Absenkung der Freistellungsgrenze auf 100 Beschäftigte! Bei mehreren Freistellungen steigt natürlich die Wichtigkeit der Berücksichtigung des “Minderheitengeschlechts” deutlich an, aber in kleineren Betrieben mit nur einer Freistellung geht diese Intention einfach ins Leere …
Naja, was soll man dann als Vertrauensperson der Schwerbehinderten Menschen sagen? Achja, den braucht man ja nicht das macht der Betriebrat ja mit? Bin immer wieder beeindruckt was man als Vertrauensperson für ein Arbeitspensum hat wenn man alle Pflichten und Rechte des SGB IX berücksichtigen will. Vielleicht sollte man ein bisschenAufmerksamkeit auch auf diesen in meinen Augen für AN, AG und sogar AG legen. Es ist nicht so, dass viele Betriebsräte uns belächelt und oft nicht ernst nehmen. Sondern der Arbeitgeber oft gar keine Lust hat sich mit noch so einer Arbeitnehmervertretung zu beschäftigen. Aber nicht mal Gewerkschaften stehen in meinen Augen voll hinter den SBV’en, obwohl wir nur Menschen und Betrieb helfen wollen die Gesetzgebung im Betrieb um zu setzen.
Bitte keine Geschlechter-Quote bei den Freistellungen. Die Entscheidung über eine Freistellung sollte allein nach fachlicher und persönlicher Eignung erfolgen. Wir hatten für unser 19er Gremium allgemein zu wenige weibliche Wahlbewerber. Von den 19 BR müssen bei uns im Betrieb 4 Mitglieder weiblich sein. Mit 5 gewählten weiblichen BR übererfüllen wir die Quote leider nur knapp. Ich bin froh, dass alle 5 Damen aufgrund ihrer Stimmenanzahl und nicht aufgrund der Quote im Gremium sind. Eine der 5 weiblichen BR haben wir freigestellt, die anderen hatten kein Interesse. Mit einer fixen Mindestquote kann es sein, dass Leute in eine Freistellung kommen, die dafür überhaupt nicht geeignet sind, weil geeignetere BR keine Freistellung wollen. Das ist für die BR-Arbeit fatal.
Das Freistellungssystem ist viel zu unflexibel. Glücklicherweise gibt es den 37(2), der wäre ausbaufähig. Ich bin überhaupt nicht pauschal freigestellt, leiste aber dennoch 60-80% BR-Tätigkeit. Die pauschalen Freistellungen sind ein Politikum, gerade wenn mehrere Listen vertreten sind, die Tätigkeit richtet sich hingegen nach dem Können.
Abs. 1a des § 38 BetrVG soll Teilfreistellungen in kleineren Betrieben und entsprechenden Personalausgleich ermöglichen.
Wie ist das bei unterbesetzten BR Gremien mit BR Mitgliedern mit Teilzeitvertrag?
Bedeutet es eine unzulässige Vorteilsgewährung, wenn zum Personalausgleich für das BR Mitglied mit Teilzeitvertrag die Arbeitszeit erhöht wird, weil es dann für “ehrenamtliche” BR Arbeit mehr Geld bekommt?
Kann der Reformvorschlag dazu beitragen, dieses Dilemma zu lösen?