Mit der ersten Lesung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des BetrVG hat am 22.3. nach einer längeren Verzögerung das parlamentarische Verfahren zu einer gesetzlichen Klarstellung bei den Vergütungen von freigestellten Betriebsratsmitgliedern angefangen.

 

 

von Cordula Pawlak, Berlin

 

In der Debatte im Bundestag würdigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Arbeit der mehr als 100.000 Betriebsräte in Deutschland: „Wer sich für Demokratie einsetzt, darf nicht der Dumme sein.“ Es gehe darum, den Betriebsräten den Rücken zu stärken. Es dürften ihnen keine beruflichen Nachteile durch das Amt entstehen, weil sonst nicht in ausreichender Zahl Betriebsräte gefunden würden.

 

Gesetz zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern soll Klarheit schaffen

 

Das Vorhaben zur Regelung der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern wird im Bundestag von fast allen Fraktionen unterstützt. Auch der Bundesrat hat keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung angemeldet. Der Gesetzentwurf war bereits am 1.11.23 im Kabinett beschlossen worden, wurde dann aber blockiert, so dass es nicht den Bundestag erreicht hatte. Es ist geplant, es noch vor der parlamentarischen Sommerpause in beiden Kammern zu verabschieden. Eine Sachverständigenanhörung soll Ende April stattfinden.

 

Der Gesetzentwurf konkretisiert § 37 Abs. 4 BetrVG und das Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot aus § 78 BetrVG. In § 37 Abs. 4 BetrVG wird ergänzt, dass Zeitpunkt für die Bestimmung vergleichbarer Arbeitnehmer, an denen sich hinsichtlich der betriebsüblichen Entwicklung orientiert wird, die Übernahme des Betriebsratsamts ist. Die Möglichkeit einer späteren Neubestimmung der Vergleichsgruppe bei sachlichem Grund wird eingeräumt.

 

Das Problem, dass Betriebsratsmitglieder häufig seit Jahrzehnten auf Gehaltspositionen feststecken, die nicht mehr ihrem Werdegang und den erworbenen Fähigkeiten entsprechen, kann durch die Neuregelung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung gelöst werden, die ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regelt. Diese Betriebsvereinbarungen sollen künftig nur auf grobe Fehler geprüft werden.

 

Betriebsräte dürfen weder bevorzugt noch benachteiligt werden

 

In § 78 BetrVG wird ergänzt, dass keine Begünstigung oder Benachteiligung vorliegt, wenn ein Betriebsratsmitglied in seiner Person die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Dies könnte bspw. sein, wenn ein Betriebsratsmitglied sich auf eine höher dotierte Stelle bewirbt, deren Voraussetzungen von ihm erfüllt werden. Der Gesetzentwurf verbessert nicht einseitig die Rechtsposition des Betriebsratsmitglieds, sondern sieht für Regelungen Einvernehmen mit dem Arbeitgeber vor.

 

Diese Klarstellungen bei der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern sind nach dem Urteil des BGH vom 10.1.2023 erforderlich. Der BGH hatte entschieden, dass es den strafrechtlichen Tatbestand der Untreue erfüllen könne, wenn der Arbeitgeber gegen das Begünstigungsverbot verstößt. Deshalb wurden nach dem Urteil in einigen Unternehmen Vergütungen gekürzt, wogegen wiederum Klagen eingereicht wurden. Auch wenn die Mehrheit dieser Klagen vor Gericht erfolgreich war, tut Klarstellung Not.

 

Im Koalitionsvertrag wurde darüber hinaus eine Einstufung der Behinderung der demokratischen Mitbestimmung als Offizialdelikt statt wie bisher als Antragsdelikt vereinbart. Dazu liegt noch kein Gesetzentwurf vor.