von Dr. Till Bender, DGB Rechtsschutz GmbH
In diesen Tagen schließen sich auf der ganzen Welt LGBTQIA+-Communities zusammen, um ihre Freiheit und Vielfalt zu feiern – oder gegen die nach wie vor vorherrschende Diskriminierung zu protestieren. Dabei haben sie den Gesetzentwurf des DGB für ein neues Betriebsratsgesetz auf ihrer Seite, denn dieser fordert echte Mitbestimmung im Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter.
Mit ihrem Anliegen, dem Kampf für Gleichstellung und gegen Diskriminierung, hat die queere Community die Gewerkschaften des DGB auf ihrer Seite. Denn diese schaffen gute Arbeitsbedingungen für alle – unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder Religion! Das kommt auch im Gesetzentwurf für ein neues Betriebsverfassungsgesetz zum Ausdruck.
Echte Mitbestimmung bei Kampf gegen Diskriminierung
Bereits heute gehört es nach § 80 BetrVG zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates, die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau (sic!), insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern. Der Gesetzentwurf ersetzt allerdings die überkommene binäre Formulierung durch eine zeitgemäße Formulierung („alle Geschlechter“).
Noch entscheidender: Anders als bisher soll der Betriebsrat bei der Personalplanung nicht nur ein Informationsrecht, sondern ein echtes Mitbestimmungsrecht bekommen (§ 92). Bei Maßnahmen, bei denen es um die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter geht, soll dieses Mitbestimmungsrecht unabhängig von der Größe des Unternehmens bestehen.
Der Betriebsrat ist also bei solchen Maßnahmen mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe. Er kann dem Arbeitgeber eigene Vorschläge unterbreiten, mit den dieser sich auseinandersetzen muss. Wenn sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht einigen, kann eine Einigungsstelle eingerichtet werden, in der die beiden Parteien unter Leitung eines neutralen Vorsitzenden verhandeln. Maßnahmen sind damit letzten Endes auch gegen den Willen des Arbeitgebers möglich.
Mitbestimmung auch beim Kampf gegen finanzielle Diskriminierung
Eine ähnlich starke Rechtsposition forderte Gesetzentwurf bei der Herstellung von Entgeltgleichheit. Auch hier soll der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht erhalten (§ 87 I Nr. 10a: Maßnahmen zur Herstellung von Entgeltgleichheit). Dabei versteht der Entwurf den Begriff des Entgelts als umfassend; er soll alle Formen von Vergütung, Haupt- und Nebenleistungen erfassen.
Bisher gibt es nur ein Mitbestimmungsrecht ein bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG). Die Formulierung geht nach Überzeugung des Gesetzesentwurfs jedoch nicht weit genug, da sich die Mitbestimmung nach der Rechtsprechung nur auf den Zweck der Leistung und die Ausgestaltung des Begünstigten Personenkreises beschränkt.
Bessere Sichtbarkeit in der Betriebsverfassung
Die Betriebsverfassung geht heute noch von der Minorität der Geschlechter aus. Dies ist nicht mehr zeitgemäß. Der Entwurf ersetzt daher nicht nur in § 80 (s. o.) Die Formulierung „Mann und Frau“ durch den Begriff „Geschlechter“. So sollen nach dem Entwurf die im Betrieb vertretenen Geschlechter dem Wahlvorstand angehören (§ 16 BetrVG).
Diesen Grundgedanken der Repräsentanz weitete Entwurf konsequent auf alle Regelungen aus, in denen es um die Vertretung der Geschlechter in Gremien geht, beispielsweise im Betriebsausschuss, im Wirtschaftsausschuss sowie bei der Anzahl der Freistellungen. In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmer:innen sollen zudem eigene Gleichstellungsausschüsse gebildet werden (§ 28 Abs. 3).
Und schließlich will die Neufassung auch das Diskriminierungsverbot erheblich ausweiten. Der Entwurf nimmt sämtliche Diskriminierungsverbote aus Art. 21 der europäischen Grundrechtecharta auf und passt die Betriebsverfassung somit endlich an die europäischen Grundrechte an. Diskriminierung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität sind zwar schon nach geltendem Recht verboten, im Reformentwurf sind diese Diskussionsverbote jedoch vom Ende des Katalogs an den Anfang gerückt.
Hier finden Sie Informationen des DGB zum Thema
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