Betriebe werden immer diverser. Welche Mittel und Werkzeuge haben Betriebsräte, um die Verständigung im Betrieb zu verbessern, um so Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entgegenzuwirken?

 

von Tim Hühnert, Referatsleiter Recht, DGB Bundesvorstand

 

Die Integration ausländischer Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deswegen ist die Integration am Arbeitsplatz zentral. Wie können Betriebsräte die Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen im Betrieb fördern und fremdenfeindlichen Strömungen entgegenwirken?

 

Allgemeines

 

Das Betriebsverfassungsgesetz formuliert in § 75 Abs. 1 die gemeinsame Aufgabe von Arbeitgeber und Betriebsrat, darauf zu achten, dass jede fremdenfeindliche Benachteiligung unterbleibt. Die Vorschrift des § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nennt die Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen und der Verständigung zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmer*innen ausdrücklich als Aufgabe des Betriebsrates. Hierbei soll der Betriebsrat das gegenseitige Verständnis fördern und auf den Abbau wechselseitiger Vorurteile hinwirken.

 

Antragsrecht, § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG

 

Nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitgeber Maßnahmen beantragen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen. Damit hat der Betriebsrat ein Initiativrecht bezüglich aller Maßnahmen auf sozialem, personellem oder wirtschaftlichem Gebiet, die dem Betrieb oder der Belegschaft dienen. Dieses Antragsrecht gilt in Zusammenhang mit § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG auch für Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Der Arbeitgeber muss den Anregungen des Betriebsrates nicht folgen, sich aber zumindest ernsthaft mit ihnen befassen.

 

Betriebsversammlung

 

Die Betriebsversammlung bietet sich in mehrfacher Hinsicht an, um über Integration und Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu berichten.

 

Zunächst muss der Arbeitgeber im Rahmen seines Berichts u. a. über den Stand der Integration der im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer*innen berichten (§ 43 Abs. 2 BetrVG). Dies soll fremdenfeindlichen Tendenzen entgegenwirken. Es soll den Arbeitgeber dazu bringen, sich selbst über den Stand der Integration zu informieren und so auch mögliche Diskriminierungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

 

Der Betriebsrat ist frei bei der Auswahl der Themen für die Betriebsversammlung, so lange sie einen Bezug zum Betrieb haben. Er kann die Frage der Integration der im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer*innen als Thema für die Betriebsversammlung wählen, dies ist ausdrücklich in § 45 S. 1 BetrVG vorgesehen. Hierfür kann er externe Sachkundige einladen, wie Gewerkschaftsvertreter*innen oder Antidiskriminierungsverbände. Der Betriebsrat kann unter Wahrung der Anonymität über Diskriminierungsfälle berichten und so die Belegschaft für die Auswirkungen auf die betroffenen Beschäftigten sensibilisieren und/oder zum Abbau von Alltagsrassismus beitragen.

 

Damit alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer*innen der Betriebsversammlung folgen können, kann es sinnvoll sein, Dolmetscher*innen hinzuzuziehen. Dies ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich möglich (vgl. LAG Düsseldorf Beschl. v. 30.01.1981 – Az. 16 TaBV 21/80). Aber es werden hohe Hürden an die Erforderlichkeit gestellt, gerade vor dem Hintergrund, dass das Hinzuziehen von Dolmetscher*innen in aller Regel kostenintensiv ist (sehr kritisch dazu: LAG Sachsen, Beschl. v. 10.10.2023 – Az. 2 TaBVGa 2/23).

 

Zum Teil wird gar angenommen, dass das Hinzuziehen von Dolmetscher*innen der Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen gerade nicht fördere, sondern sogar kontraproduktiv sei (LAG Sachsen, wie vor, Rn. 63). Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten kann es sinnvoll sein, Betriebsangehörige, die selbst die im Betrieb gesprochenen Sprachen sprechen, als Dolmetscher*innen einzusetzen. Ziel des Betriebsrats sollte jedenfalls sein, dass alle Beschäftigten des Betriebes an der Betriebsversammlung teilnehmen und dieser auch folgen können.

 

Freiwillige Betriebsvereinbarung, § 88 Nr. 4 BetrVG

 

Die Regelung des  § 88 Nr. 4 BetrVG sieht Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb ausdrücklich als Regelungstatbestand einer freiwilligen Betriebsvereinbarung vor. Deswegen sind die Betriebsparteien aufgefordert, einen Beitrag zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu leisten.

 

Es können etwa Aufklärungsaktionen geregelt werden sowie Fortbildungsmaßnahmen, es können Ansprechpartner*innen benannt werden. In einer solchen Betriebsvereinbarung kann auch unerwünschtes Verhalten beschrieben und Maßnahmen bei Zuwiderhandlung geregelt werden.

 

Weitere Möglichkeiten

 

Es gibt weitere, vereinzelte Möglichkeiten zur Einflussnahme. So kann der Betriebsrat sein Vorschlagsrecht bei der Personalplanung nach § 92 BetrVG nutzen, um zu verlangen, dass der Arbeitgeber eine betriebliche Personalplanung erstellt, die den besonderen Problemen ausländischer Arbeitnehmer*innen Rechnung trägt etwa bei verlangten Qualifikationsanforderungen. Bei der Aufstellung von Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG kann der Betriebsrat darauf hinwirken, dass diese für ausländische Arbeitnehmer*innen attraktiver sind und nicht abschreckend. Im Rahmen der betrieblichen Bildung kann er nach § 97 BetrVG etwa Sprachkurse anregen.

 

§ 87 BetrVG gibt ebenfalls Einflussmöglichkeiten: § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bezüglich der Ordnung im Betrieb bei Fragen nach Vorgehen bei rassistischen Vorkommnissen; § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bezüglich Arbeitszeit zur Einbeziehung von religiösen Belangen (etwa Ramadan); § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG bezüglich Urlaub im Herkunftsland.

 

Fazit

 

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist die Integration ausländischer Beschäftigter gemeinsame Aufgabe der Betriebsparteien. Daher findet sich die Aufgabe zwar mehrfach im Gesetz, aber in den meisten Fällen ohne echte Mitbestimmung.

 

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben hierzu an mehreren Stellen Verbesserungen vorgeschlagen. Zum einen die Einführung einer Demokratiezeit nach § 81 Abs. 5 BetrVG-E, in der die Beschäftigten jede Woche eine Stunde Zeit haben, um sich über ihre Beteiligungsrechte zu informieren. Daneben ist eine zwingende Mitbestimmung bei der Personalplanung unabhängig von der Unternehmensgröße vorgesehen bei Maßnahmen zur Förderung der Gleichberechtigung ausländischer Beschäftigten im Betrieb, §§ 92 Abs. 3, 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG-E.

 

Zum weiterlesen:

Demokratiezeit: Brauchen wir das?

Wir als DGB machen uns stark gegen Diskriminierung