Am 23. Februar 2025 ist Bundestagswahl: Welche Forderungen zur betrieblichen Mitbestimmung haben wir an die Politik? Was sagen die Programme der Parteien?

 

von: Tim Hühnert, Referatsleiter Recht, DGB Bundesvorstand

 

Am 23. Februar 2025 wird ein neuer Bundestag gewählt. In der letzten Legislaturperiode wurde zwar einzelne Punkte im Koalitionsvertrag zur betrieblichen Mitbestimmung vereinbart, aber keiner davon tatsächlich umgesetzt. Dementsprechend groß ist die Erwartung an die kommende Bundesregierung, die Betriebsverfassung endlich zukunftsfähiger zu machen.

 

Forderungen zur Bundestagswahl

 

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben im Dezember 2024 gewerkschaftliche Anforderungen zur Bundestagswahl 2025 veröffentlicht (abrufbar unter DGB-Zentrale_gewerkschaftliche_Anforderungen_zur_Bundestagswahl_2025.pdf). Darunter sind auch Forderungen zur betrieblichen Mitbestimmung, die sich aus dem Reformentwurf ableiten:

 

Die Erleichterung von Betriebsratsgründungen, Verhinderung von „Union Busting“ sowie die Stärkung von Mitbestimmungsstrukturen sind noch immer Forderungen des DGB. Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Behinderung von Betriebsratswahlen und von Betriebsratsarbeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BetrVG als Offizialdelikt ausgestaltet wird. Daneben sind die Verbesserung des Kündigungsschutzes von Initiator*innen (etwa durch Aufnahme in den § 103 BetrVG) und die zwingende Entfristung von Betriebsrats- und JAV-Mitgliedern, die keine Auszubildenden sind, nach § 78a BetrVG weitere Forderungen.

 

Daneben soll die Digitalisierung, die immer mehr Einzug in die Betriebe hält, demokratisch mitgestaltet werden, vor allem mit einer verbindlichen Rahmung der Mitbestimmung durch betriebliche Prozessvereinbarungen, wie sie in § 74a Abs. 4 des Reformentwurfs vorgesehen sind.

 

Programme der Parteien zur Bundestagswahl

 

Die Betriebsverfassung soll umfassend auf zentrale Zukunftsthemen ausgerichtet reformiert werden. Dabei sollen die Beteiligungsrechte bei Personalplanung, beim Interessenausgleich und bei der Beschäftigungssicherung zu verbindlichen Mitbestimmungsrechten ausgebaut werden. Es soll mehr Mitbestimmung bei Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Gleichstellung geben. Außerdem soll der Betriebsbegriff an neue Arbeitsformen angepasst werden.

 

  • SPD

Das Programm zur Bundestagswahl der SPD (abrufbar unter 2025_SPD_Regierungsprogramm.pdf) sieht zunächst eine Reformierung der Betriebsverfassung vor (S. 10). Die Mitbestimmung der Betriebsräte bei strategischer Personalplanung und -bemessung, bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz sowie bei Gesundheitsschutz und Weiterbildung im Betrieb soll zu echten Mitbestimmungsrechten mit Einigungserfordernis ausgebaut werden. Dies sind ebenfalls Forderungen aus dem Reformentwurf des DGB.

 

Wahlinitiator*innen von Betriebsratswahlen sollen besser geschützt, die Behinderung demokratischer Mitbestimmung künftig als Offizialdelikt eingestuft werden. Beides ist ebenfalls Teil des Reformentwurfs.

 

  • CDU

In dem Programm der CDU (hier abrufbar: Unser Wahlprogramm „Politikwechsel für Deutschland“) ist zunächst davon die Rede, die betriebliche Mitbestimmung „auf die Höhe der Zeit“ zu bringen (S. 30 f.). Beim besseren Schutz von Betriebsräten soll weiterer Handlungsbedarf geprüft werden. Es soll sichergestellt werden, dass Betriebsratsgründungen nicht verhindert werden. Der bessere Schutz von Wahlinitiator*innen ist Teil des Reformentwurfs.

 

Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen sollen als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten ermöglicht werden. Online-Betriebsratssitzungen sind schon heute möglich, wenngleich nicht als gleichwertige Alternative zur Präsenzsitzung. Für Betriebsversammlungen sieht der Reformentwurf die Möglichkeit einer hybriden Betriebsversammlung vor.

 

Es soll außerdem die Option, online zu wählen, im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden.

 

  • Bündnis 90/die Grünen

Das Programm der Partei Bündnis 90/ die Grünen, das bisher nur als Entwurf vorliegt (hier abrufbar: 20241216_BTW25_Programmentwurf_DINA4_digital.pdf) wird die Mitbestimmung als „gelebte Demokratie“ bezeichnet (S. 32). Die betriebliche Mitbestimmung soll gestärkt werden. Die Mitbestimmungsrechte bei Klima- und Umweltschutz, Qualifizierungsmaßnahmen sowie Gleichstellung im Betrieb sollen erweitert werden. Dies findet sich im Reformentwurf als Forderung wieder.

 

  • Die Linke

Der Entwurf des Programms der Partei Die Linke (hier abrufbar: Anträge) sieht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei Betriebsschließung, Verlagerung, Investitionen, Umwelt- und Klimafragen, Personalbemessung, Weiterbildung und der Verhinderungen von Gesundheitsschäden vor. Dies entspricht den Forderungen aus dem Reformentwurf zu § 111 (zu Betriebsschließung und Verlagerung), § 87 Abs. 1 Nr. 15 (zu Umwelt- und Klimafragen), § 92 (Personalbemessung) und §§ 96, 97 (zu Weiterbildung).

 

Behinderung von Wahlen und Betriebsräten sollen strenger verfolgt werden. Betriebs- und Beschäftigtenbegriff sollen angepasst werden. Beides findet sich im Reformentwurf wieder. Außerdem sollen die Wahlen vereinfacht werden.

 

Die Mitbestimmung in öffentlichen und kirchlichen Einrichtungen muss an das Betriebsverfassungsgesetz angepasst werden. Die Abschaffung des Tendenzschutzes des § 118 BetrVG bzw. die Beschränkung allein auf verkündungsnahe Tätigkeiten ist ebenfalls Teil des Reformentwurfs.

 

  • Bündnis Sarah Wagenknecht

Das Programm der Partei Bündnis Sarah Wagenknecht (hier abrufbar: Bündnis Sahra Wagenknecht – Bundestagswahl 2025) fordert Mitbestimmungsrechte auf der Höhe der Zeit (S. 21). Betriebsratsgründungen sollen erleichtert werden, unter anderem m durch einen besseren Kündigungsschutz für die Initiator*innen von Betriebsratswahlen. Dies entspricht der Forderung aus dem Reformentwurf.

 

  • FDP und CSU

In den Programmen von FDP (hier abrufbar: FDP_Programm_Bundestagswahl2021_1.pdf) und CSU (hier abrufbar: Bayern-Agenda_zur_Bundestagswahl_2025.pdf) wird die betriebliche Mitbestimmung nicht erwähnt.