Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat diese Woche einen Entwurf für ein Tariftreuegesetz vorgelegt, der geleakt wurde. Neben dem zentralen Punkt, öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen zu vergeben, die tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren, sieht der Entwurf auch ein digitales Zugangsrecht für im Betrieb vertretene Gewerkschaften vor. Die Regelungen gehen in die richtige Richtung und greifen wichtige Forderungen des DGB aus dem Reformentwurf für ein Betriebsverfassungsgesetz auf.

 

von Dr. Till Bender, DGB Rechtsschutz GmbH

 

Bereits nach geltender Rechtslage haben die Beauftragten der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften einen Anspruch, Zugang zum Betrieb zu erhalten, um ihre Rechte nach dem BetrVG wahrnehmen zu können (§ 2 BetrVG). Sie müssen lediglich den Arbeitgeber zuvor darüber unterrichten. Dieser kann den Zugang verweigern, soweit unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen dem Zugang entgegenstehen.

 

Digitales Zugangsrecht nach dem Entwurf des Bundesarbeitsministeriums

 

Nach dem Entwurf des Bundesarbeitsministeriums soll sich das Zugangsrecht zukünftig auch auf die im Betrieb zur Kommunikation verwendeten Informations- und Telekommunikationstechnologien erstrecken. Dies dürfte insbesondere der betriebliche Mailverkehr sowie Intranet sein, ist aber breit gefasst und kann auch Bildschirme, Yammer etc. umfassen.

 

Damit der Zugang auch tatsächlich gewährleistet ist, hat der Arbeitgeber die erforderlichen und zumutbaren Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, insbesondere die E-Mail-Adressen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer herauszugeben. Das ist eine wichtige klarstellende Regelung, weil hier Arbeitgeber oft mit Datenschutz argumentieren. Allerdings muss die Gewerkschaft dies rechtzeitig vorher einfordern.

 

Weiterhin gibt der Gesetzentwurf Arbeitgeber und Gewerkschaft die Möglichkeit, die nähere Ausgestaltung des Zugangs miteinander zu vereinbaren und konkret auszugestalten.

 

Die Gewerkschaften sollen aber nicht nur im Rahmen ihrer Stellung nach BetrVG (digitalen) Zugang zum Betrieb erhalten, sondern auch zur Mitgliederwerbung und Information von Arbeitnehmern gemäß ihrer Rolle als Tarifvertragspartei. Dazu soll das Tarifvertragsgesetz geändert werden.

 

Digitales Zugangsrecht nach dem Entwurf des DGB

 

Diese Ausdehnung des Zugangsrechts findet sich auch im Gesetzentwurf des DGB für ein neues Betriebsverfassungsgesetz. Und ebenso wie beim Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums steht im Mittelpunkt der Zugang zu den betrieblichen Kommunikationsmedien. Ebenfalls bereits im Entwurf des DGB findet sich die Pflicht des Arbeitgebers, erforderliche Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, ohne dies allerdings zu konkretisieren, wie es der Gesetzentwurf tut (§ 2 BetrVG-E).

 

Allerdings ist dieser etwas restriktiver in der konkreten Ausgestaltung. So steht dem digitalen Zugangsrecht nach dem Entwurf neben den Notwendigkeiten des Betriebsablaufs und zwingende Sicherheitsvorschriften auch der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegen. Der Gesetzentwurf des DGB dagegen sieht sowohl beim analogen, als auch beim digitalen Zugangsrecht Betriebsgeheimnisse nicht als hinreichenden Ausschlussgrund an.

 

Zudem schränkt der Entwurf des Ministeriums die Pflicht zu Mitwirkungshandlungen insofern ein, als das die Gewerkschaft diese „rechtzeitig“ verlangen muss. Aus Gründen der Mitgliederwerbung sollen die Gewerkschaften nur „in angemessenem Umfang“ (Ministerium), und nicht „jederzeit“ (DGB) Zugang zum Betrieb haben.

 

Die Forderung des DGB, wonach Mitglieder der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft das Recht haben, die im Betrieb genutzten elektronisch Kommunikationsmedien auch während der Arbeitszeit für die Gewerkschaftsarbeit zu nutzen, soweit dadurch keine erhebliche Störung der Arbeitsabläufe eintritt, findet sich im Gesetzentwurf des Ministeriums nicht wieder.

 

Fazit und Ausblick

 

Der Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums greift die wesentlichen Forderungen des DGB nach einem Recht auf Zugang zur digitalen Kommunikationsinfrastruktur auf. Im Detail sind aber an der einen oder anderen Stelle auch noch Verbesserungen nach dem Vorbild des Reformentwurfs möglich.

 

Andererseits besteht die Gefahr, dass der Entwurf in der nun folgenden Ressortabstimmung verwässert wird, obwohl sich die Ampelparteien bereits im Koalitionsvertrag darauf verständigt hatten, den Gewerkschaften einen digitalen Zugang zu den Betrieben zu ermöglichen.

 

Soll dies noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen, ist allerdings Eile geboten. Spätestens bis zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause im nächsten Jahr müsste ein entsprechendes Gesetz verabschiedet sein, denn spätestens dann beginnt der Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025.